Wallberg

Eine für alle – „Universal-Tour“ am Wallberg

Wir haben nicht nachgemessen – angeblich ist die Abfahrt vom Wallberg mit ihren gut sechs Kilometern die längste in ganz Deutschland. Jedenfalls ist sie so lang, dass es sich für viele Münchner lohnt, gut eineinhalb Stunden Fahrtzeit auf sich zu nehmen um dort gen Tal zu gleiten. Der Wallberg ist schon so etwas wie die Quintessenz des Rodelsports bzw. sichtbarster Ausdruck des Rodel-Booms der vergangenen Jahre. Dies wird einmal durch den Andrang sichtbar, denn an Schönwetter-Wochenenden, an denen vorher ordentlich Schnee gefallen ist, ist der Parkplatz vor der Wallbergbahn rettungslos überfüllt und an der Gondel bilden sich lange Schlangen. Zum anderen bietet dieser Berg für jeden etwas: Man kann sozusagen mit „der ganzen Familie rodeln“ (wenn die Bahn nicht vereist ist, aber das gilt ja ohnehin fast immer). Man kann die Postkarten-Aussicht vom Gipfel auf den Tegernsee genießen. Man kann aber auch sehr sportlich hinunterfegen. Wohl gibt es gemütlichere Abfahrten, es gibt sportlichere und man kann anderswo besser essen. Aber: Diese Rodeltour gibt sich keine Blöße, für fast jeden Rodel-Geschmack ist hier etwas dabei. Einziges Manko der Tour ist gleichzeitig ihr Vorteil: Wegen ihrer „Universalität“ ist man hier selten einsam.

Rodellehrer vor der Abfahrt

Kurz vor der Wallberg-Abfahrt: Im Hintergrund die Gipfel-Kapelle

 

Gleiten und Rutschen

Nach dem Ausstieg aus der Gondel geht es zunächst, durch die Bergstation der Wallbergbahn hindurch, ein Stockwerk tiefer. Gleich wenn man aus dem Gebäude herauskommt, darf auf dem Schlitten Platz genommen werden. Bis zum ersten richtigen Gefälle schafft es aber kaum einer, da der Weg vorher leicht bergauf verläuft. Ab dieser ersten Kuppe geht es aber schon nach ein paar Metern flott vorwärts und nach etwa 400 Metern fordert bei einem alten, nicht mehr betriebenen Schlepplift ein Transparent zum Verzögern auf. Zum einen sollte man dies wegen der unmittelbar dahinter folgenden Linkskurve machen: diese ist zwar nicht scharf, aber wegen der sehr engen Bahn und wegen ihrer Uneinsehbarkeit nicht ohne. Zum anderen sammeln sich dort vor allem unerfahrene Rodler gerne, so dass eine Kollision droht.

Von hier bis zur ersten Haarnadelkurve sollte man nur mit mittlerer Geschwindigkeit fahren auch wenn der Reiz, es laufen zu lassen, hoch ist. Der Weg ist einfach sehr schmal, so dass man immer bereit zum Ausweichen sein muss. Bei der scharfen Kurve nimmt der Rodler automatisch Tempo heraus – danach kommen in kurzem Abstand weitere Serpentinen so dass das Tempo kontrolliert bleiben muss. Jetzt kommt ein kurzes aber knackiges gerades Stück, bei dem die höchste Geschwindigkeit auf dieser Strecke erreicht werden kann. Am Ende dieses Abschnitts sollte man das Tempo tunlichst reduzieren, weil eine Haarnadelkurve zum Bremsen zwingt. Zwar ist die Kurve mit einem großen Fangnetz gesichert aber die Kurve ist ebenfalls ein beliebter „Sammelplatz“, von dem aus sich prächtig beobachten lässt, wie manche Rodler den Bremsweg unterschätzen und – zwar unwürdig aber im Regelfall ohne weitere Verletzungen – in den Seilen landen.

Nach diesem Punkt wird der Weg etwas breiter und es gibt keine wirklich gefährlichen Stellen mehr – der Rodler darf seine Füße meist oben lassen. Etwa nach der Hälfte der Strecke kommt eine lange Linkskurve und nach weiteren 200 Metern liegt rechts von der Bahn, ein wenig zurückversetzt, die Wallbergmoosalm. Diese Hütte lädt vor allem zu einem Drink vor ihrer Tür ein – auch wenn die Hütte selber wirklich sehr schön ist.

Danach wird der Weg, ab hier eigentlich eine Straße, richtig breit, so dass man bis zum Ende der Strecke ganz entspannt und wegen der Flachheit der Strecke weitestgehend gefahrlos hinunter gleiten kann. Wie immer gilt: Bei starker Vereisung muss man auch hier mit gelegentlichen Kontrollverlusten rechnen. Aber gerade der letzte Kilometer ist mit sanften Kurven, bei denen man herrlich driften kann, eine Offenbarung für den ambitionierten Gleiter.

 

Hin und Weg

Auto

Ab München: 60 Km – ca. 60 Minuten

Ab Rosenheim: 50 Km – ca. 55 Minuten

Ab Innsbruck: 90 Km – ca. 90 Minuten

Ab Salzburg: 120 Km – ca. 100 Minuten

A8 München – Salzburg bis Ausfahrt Holzkirchen. B318 Richtung Tegernsee, am Ostufer des Sees über Gmund (Ort)Tegernsee bis Rottach-Egern. Dort Beschilderung bis Wallbergbahn folgen. Parkplatz (kostenfrei) an der Talstation.

Bahn

Ab München Hbf direkt nach Tegernsee. RVO-Bus 9556 ab Bahnhofsvorplatz (Richtung Kreuth). Haltestelle „Wallbergbahn“

 

Essen und Trinken

Wallberg = Tegernsee und Tegernsee = Herzoglich bayrisches Brauhaus. Mit anderen Worten: DAS kulinarische Highlight dieser Tour liegt ein Stück entfernt, nämlich im Ort Tegernsee, nicht weit von Rottach-Egern. Hier kann das berühmte „Tegernseer Spezial“ genossen werden, welches sich mittlerweile sogar in hippen Berliner Läden wachsender Beliebtheit erfreut. Natürlich kann man im Bräustüberl auch regionstypisch essen – die Bier- und Schnapswürste oder die Desserts etwa sind hervorragend.

Es gibt auch direkt am Wallberg mehrere Einkehrmöglichkeiten: Die Bergstation hatten wir bisher nur wegen ihrer Terrasse mit traumhaftem Rundblick besucht – innen ist es halt eher praktisch gestaltet. Die Wallbergmoosalm scheint von außen einem bayerischen Märchenbuch entsprungen zu sein und bietet ein paar kleine Speisen. Sie sieht aber uriger aus, als sie tatsächlich ist.

Urig sieht von außen auch das Restaurant „Alpenwildpark“ aus. Die Küche aber ist sehr fein und bietet auch demjenigen, der in Bayern keine strenge Schweinsdiät halten will, angenehme Abwechslung.

 

Charakter und Besonderheiten

Was sollen wir noch zum Wallberg sagen? So ziemlich jeder, der in den vergangenen Jahren vom Rodel-Virus infiziert wurde und kein wirksames Gegenmittel gefunden hat, war schon einmal hier. Und für diejenigen, die dieser „Krankheit“ positiv gegenüber stehen- und also sich in dieser edlen Kunst einmal versuchen möchten – für die bietet der Wallberg den idealen Einstieg. Er verfügt über flache, mittlere und (wenige) steile Passagen, er hat lange Geraden, sanfte, geschwungene Kurven sowie „radikale“ Haarnadelkurven, er ist etwas für den (nur) sportlichen Rodler, der dort auf Zeit abfährt ebenso wie für den Rodel-Genießer, der eher gemütlich unterwegs ist der sich aber über eine Traum-Aussicht auf den Tegernsee ebenso freut wie über ein frisch gezapftes „Tegernseer Spezial“ – für das sich ein kleiner Umweg lohnt.

Einziges Manko dieser Tour: An Tagen, wo ganz zufällig auch „tout München“ auf dem Weg zum Wallberg ist, sollte man sehr früh hier sein, wenn man noch etwas von der Bahn haben will. Ab Mittag lässt das Vergnügen wegen Überfüllung der Bahn und wegen des durch die vielen Rodler bedingten üblen Zustands dann doch sehr nach.

 

 

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